Nachbericht: Artensterben & Bauernsterben-Vortrag

„Befreiung“ von der Stubenfliege als Artenschwund-Grund

Seine eigene Theorie zum Artensterben präsentierte am Mittwoch der Moosbacher Landwirt Georg Brunner bei seinem Vortrag Artensterben <->Bauernsterben vor vollem Haus.

„Früher haben wir nach der Schule dahoam erst mal die Fliegendatscher gnomma, und a halbe Stunde Fliegen zam ghaut“, so beschreibt Georg Brunner eindrücklich den Insektenreichtum seiner Kindheit. Rund 50 Zuhörer ließen sich Mittwoch vom Landwirt und Naturfreund bei einem Vortrag im Gasthof Festner-Busch seine Sichtweise auf den Artenschwund erläutern. Geladen hatte dazu der Schimmelboten e.V., mit Bruno Stahl als dessen Vorsitzender.

Dass Kinder heute deutlich schneller mit der Fliegenpatrouille durch wären, ist kein Geheimnis. Mehrere Studien bescheinigen den weltweiten Rückgang der Insekten. Auch darum wurden Naturschützer zusammen mit der Regierung in Deutschland schon früh aktiv und nahmen mögliche Ursachen ins Visier. Pflanzenschutzmittel standen dabei ganz oben auf der Liste.

Umweltauflagen nicht viel gebracht

Der konventionelle Hopfenbauer Brunner beklagt dabei einen gewissen Aktionismus, wenn es um die Verbote und die zunehmenden Umweltauflagen für Landwirte geht. „Mein persönliches Fazit ist außerdem, dass sie nicht viel gebracht haben“, so der Hopfenbauer. Für den erklärten Naturschützer, der auch im BUND Naturschutz Freising aktiv ist, gibt es einen oft übersehen Zusammenhang bei der schwindenden Artenvielfalt: das parallel stattfindende Bauernsterben. „Früher hats am Misthaufen nur so gwurlt“, erklärt Brunner einen der Insekten-Hotspots am heimatlichen Hof. Vor allem Stubenfliegen profitierten von der Viehhaltung auf vielen Bauernhöfen.

Strukturwandel in Rudelzhausen

Was für die Menschen deutliche eine Plage, war wichtige Lebensgrundlage für Insektenjäger, wie Schwalben, aber auch andere Tierarten. Was aber passiert, wenn die Viehhaltung – und mit ihnen die Fliegen – verschwinden? Das sich da in den letzten Jahrzehnten in Rudelzhausen etwas getan hat, vermittelt eindrücklich eine Karte von Rudelzhausen.

Gab es in den 60iger Jahren noch bei etlichen Häusern Kühe, Schweine und Co. sind es heute im gleichen Ausschnitt nur noch drei Höfe, an denen „Mist“ produziert wird. Aus Brunners Sicht geraten deswegen beispielsweise jährlich die noch verbleibenden Schwalben im Dorf in Not. Denn als Luftjäger brauchen sie Fluginsekten um ihre Jungen zu füttern – früher in den fliegenbesetzten Ställen auch an Regentagen kein Problem. Inzwischen aber bringen Kaltwetterlagen während der Brutzeit regelmäßige Schwalbensterben mit sich.

Biotop Hopfengarten

Das bisher nicht alle Umweltauflagen aus seiner Sicht sinnig sind, führt der Landwirt am Beispiel des Hopfenanbaus an. „Eigentlich ist so ein Hopfenfeld ein super Biotop“, so Brunner. Eines, das wenig untersucht ist. Und natürlich wird auch im Hopfengarten „viel gespritzt, da müssma gar ned reden.“ Ihm leuchtet aber nicht ein, warum eine, oft blütenlose, Zwischenfrucht zwischen den Reben gesät werden muss, anstatt auf die natürlichen Ackerkräuter wie Taubnessel, Vogelmiere oder Ehrenpreis zu setzen. Auch sie würden effektiv als Schutz vor Erosion und zum Abbau von Nitrat wirken – und ganz nebenbei schon früh im Jahr Insekten und andere Tiere mit Nahrung versorgen.

Hopfenbauern, die so vergehen möchten, müssten sich allerdings um eine Ausnahmegenehmigung bemühen. Denn streng genommen, dürfen keine Spritzmittel über Pflanzen ausgebracht werden, die blühen. Diese Regel soll blütenbesuchende Insekten schützen. Das Ergebnis: Das Biotop mit Blüten wird erst gar nicht zugelassen, Tiere finden kaum jemals dort Nahrung. Georg Brunner fände es gut, wenn hier Landwirten wieder mehr eigene Entscheidungsfreiheit zugestanden würde. Genauso wichtig wäre ihm, dass der Zusammenhang zwischen Artenschwund und Bauernsterben mehr ins Bewusstsein auch der Entscheidungsträger gelangen würde. Damit sich etwas zum Positiven verändert, „für die Natur, aber auch die Landwirte, deren Arbeit etze vor allem von Vorschriften und Auflagen bestimmt werd “.